Club trifft Geige – im Gespräch mit Roberto Savaggio

Wir haben uns kürzlich mit dem aufstrebenden Live-Act Roberto Savaggio unterhalten. Ihr abwechslungsreicher Sound hat uns fasziniert, so dass wir mehr über die beiden wissen wollten. Das besondere Merkmal ihrer Musik ist, dass Tom eine E-Geige spielt, während sich Simon um das Arrangement ihrer Stücke kümmert. Der Einsatz der Geige in Ihren Live-Sets und Produktionen erfolgt oftmals so subtil, dass dem Zuhörer kaum auffällt, ob überhaupt eine Geige im Stück verbaut ist. Natürlich gibt es auch andere Parts, in denen die Geige als klares Signature-Element eingesetzt ist. Dieser sehr bewusste Umgang mit einem kraftvollen Instrument, wie der Geige, kommt nicht von ungefähr und lässt auf eine klassische Musikausbildung sowie viel Erfahrung im Umgang damit schließen. Obwohl die beiden 27-Jährigen Musiker nicht gerade nebeneinander leben, Tom in London und Simon in Berlin, lassen sie es sich nicht nehmen, ihre ganze Energie in neue Eigenproduktionen zu stecken. Wer sich zu dem Interview schon mal ein musikalisches Bild machen möchte, entdeckt in ihrer letzten Aufnahme aus dem Kater Blau, neben wenigen Remixen, hauptsächlich unveröffentlichte Produktionen der beiden, die uns mit der Zunge schnalzen lassen


 Wer ist Roberto Savaggio?

Wir sind Roberto Savaggio: Zwei Freunde, Tom Upton und Simon Duprée, die auf einer fernen Reise zueinander fanden und sich weniger später zudem musikalisch verbanden. Die gemeinsame Musiklaufbahn fing vor etwa 3 Jahren in Brighton (England) an, als Tom spontanerweise mit seiner E-Geige zu einem von Simons DJ-Sets fiedelte. Diese “Uraufführung” machte uns beiden einfach unglaublich viel Spaß und setzte unglaubliche Energien in uns frei. Zudem kam das Konzept sehr gut an. Wir trafen uns also öfter, um an dem Konzept zu feilen und starteten mit ersten gemeinsamen Produktionen. Alles hatte damals reinen Freizeitwert, wurde mit der Zeit jedoch intensiver und so beschlossen wir gemeinsam nach Berlin zu ziehen, um dort unsere Musikleidenschaft zu vertiefen. Zunächst spielten wir nur auf Kreuzbergs Straßen oder auf dem Alex. Das sah dann in etwa so aus:

Straßenmusik war letztlich der Schlüssel zum nächstgrößeren Erfolg. Vorbeilaufende Leute wurden von dem Sound angezogen, blieben stehen, machten Fotos oder Videos, haben diese dann auf Youtube geladen, erzählten es ihren Freunden usw. So kamen dann auch die ersten Club-Gigs und Roberto Savaggio fasste mehr und mehr Fuß in den einschlägigen Berliner Szenen.

Auch heute bewegt sich unser Projekt ständig weiter: Es lässt uns tolle Menschen treffen, erweckt manchmal unglaubliche Emotionen und entwickelt sich momentan in vorher als Utopie geglaubte Sphären. Am wichtigsten ist jedoch, dass wir nach wie vor verdammt viel Spaß daran haben gemeinsam zu spielen und zu produzieren. Wenn wir heute zusammen spielen, spüren wir immer noch dieses tolle Gefühl – wie vor 3 Jahren, bei unserem ersten gemeinsamen Gig in Brighton.

Habt ihr beide eine klassische Musikausbildung genossen?

Roberto-Savaggio-2Nur 50 % unseres Duos.
Simon bezeichnet wohl den Laptop als sein Instrument. Er sammelte zwar als Kind und Jungendlicher Erfahrungen mit Klavier und Gitarre, fing aber hauptsächlich als DJ und später Live-Sample-J (oder wie auch immer man das bezeichnen will) an sein Musikerprofil zu schleifen.
Toms Musikausbildung war zunächst rein klassisch. Das erste Mal Violinenunterricht mit vier Jahren, Schulorchester bis hin zur akademischen Philharmonie. Als er das fortgeschrittene Teenageralter erreichte, stieg er über seine klassischen Wurzeln hinweg und fing an in verschiedenen Folk- und später Dubstep-Bands in Englands Underground-Musikstadt Bristol aufzutreten. In dieser Zeit orientierte er sich neu und lernte seine klassischen Fähigkeiten in neue musikalische Stile einzubinden.
Unser Zusammenspiel ist ein ständiger Lernprozess und für beide höchst aufregend. Ob es nun die Geige ist, die unsere Beats begleitet oder die elektronischen Strukturen, die den Violinesolos Raum geben – wir versuchen ständig unseren Sound zu verbessern und unser Setup effektiver zu gestalten.

Gibt es neben dem Live-Act Roberto Savaggio noch andere Projekte in denen ihr mitwirkt?

Obwohl wir mittlerweile wieder räumlich getrennt voneinander leben (Tom in London und Simon in Berlin) ist “Robby S.” ganz klar der Hauptfokus. Simon arbeitet momentan am Aufbau einer Live-Show mit dem talentierten Berliner Act “Don Brazo”, um bald eine Nebenkooperation zu starten – gerne auch zusammen mit Tom.
Tom spielt als Instrumentalist ab und an zusammen mit verschiedenen DJs in England.

Wo würdet ihr eure Musik selbst einordnen?

Roberto-Savaggio-14Mmh… ich würde vorschlagen, dass Ihr euch an dieser Stelle erstmal ein eigenes Urteil bildet.
Obwohl wir unser Trademark-Genre namens “Technostring” ins Leben gerufen haben, hat unsere Musik sicherlich wesentlich mehr Einflüsse. Da wir uns hier so schwer festlegen können, glauben wir ein ziemlich neuartiges Sound-Erlebnis zu kreieren, welches Elemente unterschiedlichster Ecken zusammenbringt. Die Hauptstilrichtung würde man wohl als Deep-House bezeichnen. Elemente aus klassischer Musik, Rock, Hip Hop, Dubstep etc. lassen sich aber auch wiederfinden…

Dem einem zu käsig, dem anderen zu minimal….
….alles in Allem: Etwas experimentell aber ziemlich leicht zum Zuhören.

Welche Musik hört ihr “privat” gerne?

Reggae, Dub, Hip Hop, Akkustische Klänge, Klassik und so weiter

Ich habe gehört, dass ihr gerade viel Zeit im Studio verbringt, auf was müssen wir uns gefasst machen?

Ja, momentan war und ist vor allem Studiozeit. Wir haben sowohl ausstehende Co-Produktionen mit Künstlern wie Ben Pearce, Britta Arnold und Tunndra – als auch ein umfangreiches Paket neuer originaler Produktionen. Gewappnet für den bevorstehenden Live-Sommer sozusagen.

In welchen Clubs (weltweit) würdet ihr gerne mal spielen?

Nun ja, der einzige Weg, um für Tom mal ins Berghain zu kommen, wäre wohl oder übel selber dort zu spielen. Der arme Lausbub kommt sonst nie mehr da rein.
Spaß beiseite. Wir würden gerne in vielen unterschiedlich Clubs innerhalb Europas, Nord- und Südamerikas, Asiens, Australiens spielen. Die Welt entdecken und mit Hilfe der Musik die Menschen bewegen. So ne genaue Adresse an dieser Stelle zu erwähnen wäre nicht angebracht. Da gibt es einfach zu viel gute Läden in dieser Welt.

Wollt ihr uns zum Abschluss noch eine Geschichte aus dem Leben eines Live-Acts erzählen?

Roberto-Savaggio-12Im zweiten Roberto-Jahr wurden wir mal in der Schweiz gebucht: Als arme Studenten für uns mit Dönerpreisen von ca. 11 Franken pro Stück wurde das nicht nur zur existenziellen Bedrohung, sondern auch zu einem der größten Autsch-Erlebnisse unserer musikalischen Achterbahnfahrt. Natürlich hatten wir vorher keinen Vertrag verhandelt und auch sonst keinen wirklichen Ablaufplan. Ganz nach dem Motto: “Vertrauen in die Menschen ist alles”. Morgens landeten wir, wurden unter sanften Rammsteinklängen abgeholt und in ein Vier-Sterne-Hotel gebracht. Dort warteten wir auf unseren Auftraggeber. Der kam mit langer Mähne und Cowboystiefeln und erzählte uns, dass wir auf dem größten Volksfest der Stadt auftreten würden – dem Partyhighlight der größten schweizer Agrarmesse. Wir saßen also in unserer Suite, ernährten uns ausschließlich von kostenlosen Hausäpfeln des Hotels und Weißbrot mit Ketchup und warteten auf den Abend.
Der Auftritt war legendär: Wir spielten nicht nur auf der Hauptbühne des Bierzeltes, sondern auch nach dem aus Mallorca bekanntem Duo “LORENZ BÜFFEL & DJ EISBÄR” (verkleidet als Büffel und Eisbär), die dem Publikum mit “zehn nackte Frisösen” so richtig einheizten. Wir fingen also an und wurden innerhalb der ersten fünf Minuten dreimal gefragt, ob wir nicht Helene Fischer, 50 Cent oder Panjabi MC spielen könnten. Leider hatten wir nichts von alledem in unserer Party-Playliste.
Die Gage wurde uns bis heute nicht ausgezahlt…

 

Roberto Savaggio @ Soundcloud

Roberto Savaggio @ Facebook

Website von Roberto Savaggio

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